In der letzten Augustwoche 2024 war es endlich so weit. Nach knapp einem Jahr intensiver Planung sieben engagierter Jugendlicher (Sophie, Ellen, Clara, Amelie, Maren, Kilian, Lajosh) machte sich eine neunzehnköpfige Gruppe junger Menschen im Alter zwischen 15 und 21 Jahren auf ins Ungewisse. Es sollte in die Nordwest-Uckermark gehen - genauer: Bülowssiege. Ziel war der "Gutshof der Romantik": Ein ausgebauter Hof im Besitz von Sophies Großeltern, der für kulturelle Veranstaltungen genutzt wird. 
Die Stimmung in der Reisegruppe ist ausgelassen. Doch auch eine gewisse Anspannung ist zu spüren: Keiner wusste, wohin es geht, wie dort die Gegebenheiten sind, ob das Projekt überhaupt funktioniert. 
Und schon auf dem Weg gibt es erste Schwierigkeiten: Von Prenzlau sollte es per Rufbus über Land weitergehen. Doch keine Spur von dem lange genug im Voraus bestellten Fahrdienst. Kurzerhand werden die zwölf Musiker*innen von Sophies Mutter, Selmas Vater und Emil mit drei Autos abgeholt und zum Gutshof gebracht. 
Angekommen heißt es keine Zeit verlieren: Zelte aufbauen und ab zur ersten Probe. Gleich begreifen die mutigen Musiker*innen: Das Programm ist mit Saint-Saëns „Bacchanale“, dem von Orchestermitglied Ole arrangierten Medley aus Dvořáks „Aus der neuen Welt“ sowie den norwegischen Tänzen von Grieg nicht gerade simpel. Allen wird klar, dass eine anstrengende Woche vor ihnen liegt. Nach der Probe wird erstmal gekocht und dann nach einer Abkühlung im See geht es auch schon weiter mit der Arbeit. Bereits am ersten Abend fallen die meisten erschöpft ins Bett – oder eher auf die Luftmatratze. 
Die folgenden Tage fliegen nur so vorbei. Schnell schleicht sich Routine ein und die Gruppe wächst zum eingespielten Team zusammen. Wecken, Proben, Einkaufen, Kochen, Abwaschen, Tischtennisspielen, Schwimmen. Und all das in einer Atmosphäre, die ungezwungener, angenehmer und schöner nicht sein könnte. Selbst die Abende nach der letzten Probe werden mit kreativen Aktivitäten und Spielen gefüllt. 
Es gibt keinen Streit, keine Zwietracht, keine Konkurrenz. Das Projekt führt unterschiedlichste Altersgruppen, musikalische Niveaus und Menschen zusammen und verbindet. Dass das klappt, haben wir alle in dieser Woche gemerkt. 
Richtung des ersten Konzerts am Freitag in Bülowssiege wird die Stimmung nochmal angespannter. Die Proben werden intensiver, professioneller, das musikalische Endergebnis wächst stetig, damit aber natürlich auch die Erwartungshaltung gegenüber dem Konzert. 
Und dann ist es endlich so weit. Ganze 33 Besucher haben sich entschlossen, dem außergewöhnlichen Projekt Gehör zu schenken, mehr als erwartet. Die Gruppe findet sich unmittelbar vor dem Konzert noch einmal zusammen und spricht über Ängste und Sorgen. Das Vertrauen untereinander ist groß geworden über die letzten paar Tage, damit auch die Angst das Projekt und dessen Menschen im Alltag zu vermissen. Doch dann ist keine Zeit mehr zu verlieren. Noch schnell stimmen und dann geht es auch schon los.
Nach dem Konzert sind sich alle einig: „So gut haben wir noch nie gespielt“. Eine erleichterte, aber auch wehmütige Stimmung kommt auf, da die Fahrt jetzt schon wieder vorbei sein soll. Noch einmal kommt die Gruppe im Kreis zusammen. 
Erneut wird reflektiert und über Gefühle und das Miteinander gesprochen. Beinahe fließen Tränen. Einige reisen schon früher ab und werden per Gruppenumarmung verabschiedet. Eine sehr rührende Situation! 
Und so neigt sich die allererste Fahrt des JDO auch schon dem Ende zu. 
Ausgelassen wird am letzten Abend noch gefeiert, doch über allem hängt der leichter Schleier des morgigen Aufbruchs. Wird alles klappen morgen? Kommt der Rufbus diesmal? Sind die Züge überfüllt? Haben alle die entsprechenden Tickets? 
Am nächsten Tag sind Zweifel aber wie weggeblasen. Das eingespielte Team räumt auf und putzt in Rekordzeit die gesamten Räumlichkeiten. 
Die in der Nacht durch Regen nass gewordenen Zelte haben genug Zeit, um in der Sonne zu trocknen. Der Rufbus kommt pünktlich, alle kommen wie geplant in Berlin an. 
Die Freude beim Wiedersehen am Sonntag ist groß. Die Stimmung ist ausgelassen, aber dennoch etwas angespannt wegen des bevorstehenden Konzerts mit vermutlich deutlich mehr Besuchenden als am Freitag. Die Anspielprobe verläuft so, wie eine Anspielprobe meistens läuft: Eigentlich bräuchte man mehr Zeit. Das rituelle „Abklopfen“ von Ängsten vor dem Konzert darf nicht fehlen. 
Auch dieses Mal ist das Orchester sehr zufrieden mit sich und auch die Resonanz aus dem ca. 80-köpfigen Publikum in der berliner Sophie-Scholl-Schule ist durch und durch positiv. Selbst die Spenden können sich sehen lassen, durch sie sollen künftige Fahrten mitfinanziert werden. Der Abend wird mit einem gemeinsamen Essen im indischen Restaurant abgeschlossen. Nach und nach gehen die Musiker*innen ihre Wege, zurück nach Hause, in den Alltag. Doch man freut sich schon sehr auf die ersten Treffen nach der Arbeitsphase, die schon fest in Planung sind.
(Ein Bericht von Emil Scheib)
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